Kurzstrecken – Nur schädlich für den Dieselmotor?

Fakten & Vergleich mit Benziner

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Besonders bei Kurzstreckenfahrten sind Diesel oft anfälliger für Verschleißerscheinungen und Schäden an wichtigen Bauteilen als Benzinmotoren. Doch worin liegt der Unterschied zwischen diesen beiden Motortypen? Warum sind Dieselmotoren für Kurzstrecken schlechter geeignet als Benziner und welche Schäden können durch das Fahren von Kurzstrecken entstehen? Das und weitere technische Aspekte erfährst du in diesem Beitrag.

1.) Wie lange sind Kurzstrecken?

Prinzipiell gibt es keine feste Kilometerzahl, die als Kurzstrecke gilt. Aus physikalischen Gründen liegt die Mindestgrenze laut Experten bei zehn Kilometer. In diesem kurzen Zeitraum gelingt es nämlich dem Motor nicht, auf Betriebstemperatur zu kommen.

Darauffolgend leidet natürlich die Schmierfähigkeit der Motorbauteile. Jedes Fahrzeug und natürlich jede Motorisierung hat einen individuellen Temperaturverlauf. Um deine individuelle Mindestgrenze herauszufinden, fährst du einfach so lange, bis dein Auto auf Betriebstemperatur ist. Die zurückgelegte Strecke kannst du dann als deine individuelle Mindestgrenze festlegen.

Bis 10km = Kurzstrecke und 25km ideale Strecke
10 Kilometer = „Minimum“, 25 Kilometer = „Idealstrecke“ (Allgemein gesehen)

2.) Unterschied Dieselmotor und Benzinmotor

Der Unterschied zwischen Diesel- und Benzinmotoren liegt vor allem in der Art und Weise, wie sie arbeiten. Während das Luft-Kraftstoff-Gemisch in der Brennkammer beim Benziner durch einen Funken gezündet wird, funktionieren Dieselmotoren anders.

Bei Dieslemotoren wird das Gemisch durch hohe Druckverhältnisse in der Brennkammer entzündet. Daher heißen Dieselmotoren auch Selbstzünder und Benzinmotoren Fremdzünder. Der große Vorteil vom Diesel ist grundsätzlich der, dass er einen höheren Wirkungsgrad aufweist als der Benziner. Dadurch verbraucht der Diesel auch etwas weniger Kraftstoff.

Beschreibung Funktion Dieselmotor und Benzinmotor
Unterschiedliche Einspritzungen bei Diesel- und Benzinmotoren

3.) Schaden Kurzstrecken also nur dem Dieselfahrzeug?

Nein. Kurzstrecken schaden Dieselfahrzeugen als auch Benzinfahrzeugen. Die Gründe dafür sind:

→ Eingeschränkte Schmierfähigkeit vom Motoröl:

Die volle Schmierfähigkeit des Motoröls ist erst erreicht, wenn es eine Betriebstemperatur von ca. 90 – 100°C hat. Bei einer Kurzstrecke unter 10 Kilometer wird das Öl nie diese Temperatur erreichen können und daher an Schmierfähigkeit verlieren. Des Weiteren gelangt beim Verbrennungsprozess immer etwas Treibstoff in die Ölwanne. Dieser Treibstoff kann bei niedrigen Temperaturen nicht verdampfen und verdünnt somit Motoröl. Darunter leidet natürlich die Schmierung der mechanischen Bauteile und der Verschleiß wird erhöht.

Motoröl Füllung verliert an Schmierfähigkeit bei vielen Kurzstrecken
Die Schmierfähigkeit des Motoröl leidet unter Kurzstrecken

→ Eingeschränkter Mechanismus: von Motor und Abgasbauteilen

Diese Einschränkung hängt mit thermodynamischen Prinzipien zusammen. Der Motor eines Fahrzeugs besteht aus verschiedenen Komponenten wie Zylindern, Kolben, Ventilen und Dichtungen, die alle in einem präzisen Zusammenspiel arbeiten.

Bei Kurzstreckenfahrten wird das Auto nicht ausreichend auf Betriebstemperatur gebracht, sodass nicht alle Komponenten richtig funktionieren können. Die thermodynamischen Prozesse, die für eine effiziente Verbrennung und Leistungsentwicklung erforderlich sind, werden nicht vollständig realisiert.

Die Zündung des Kraftstoff-Luft-Gemischs, die Verbrennung und der Energieübergang in mechanische Arbeit werden durch die eingeschränkte Betriebstemperatur beeinflusst. Dies kann zu unvollständiger Verbrennung, geringerer Effizienz, erhöhtem Verschleiß und Schäden an den mechanischen Bauteilen führen.

Der komplexe Mechanismus der Motorbauteile
Kalte Temperaturen verringern die Effizienz der mechanischen Bauteile

→ Wasser im Auspuff – Rost

Der Zusammenhang zwischen Wasser im Auspuff und Kurzstreckenfahrten liegt darin, dass die Abgasrohre nicht heiß genug werden (vor allem im Winter). Dadurch schafft es das im Abgassystem enthaltene Wasser nicht zu verdampfen. Mehr dazu findest du im Beitrag: Wasser aus Auspuff- Schädlich?

Verrosterter Endschalldämpfer verursacht durch Kurzstrecken
Kondenswasser führt dazu das der Auspuff verrostet

→ Verkokung

Kurzstreckenfahrten begünstigen die Bildung von Ablagerungen und Verkokungen in den Motorkomponenten. Dies liegt daran, dass der Abgasstrang nicht lange genug heiß läuft, um diese Ablagerungen zu verbrennen und zu entfernen. Die Verkokung kann zu Leistungsverlust, erhöhtem Kraftstoffverbrauch und sogar zu Funktionsstörungen führen. Dies betrifft sowohl Diesel- als auch Benziner. Beim Dieselfahrzeugen wird die Funktion des AGR-Ventils dadurch stark beschränkt.

Ruß in der Ansaugbrücke und im AGR-Ventil wegen Kurzstrecken
Verkokte Ansaugbrücke und verrußtes AGR-Ventil

→ Katalysator und Partikelfilter

Zusätzlich können die Abgasbauteile wie der Katalysator und der Partikelfilter ebenfalls beeinträchtigt werden. Ein Katalysator arbeitet am effizientesten bei bestimmten Betriebstemperaturen. Wenn diese Temperaturen nicht erreicht werden, kann die katalytische Wirkung reduziert werden. Ähnlich kann der Partikelfilter seine Reinigungsfunktion nicht ordnungsgemäß ausführen, wenn er nicht die erforderliche Temperatur erreicht, um die Rußpartikel zu verbrennen.

Kalter KAT+DPF
Katalysator & Dieselpartikelfilter (DPF) beim BMW F30

4.) Wieso ist der Diesel trotzdem anfälliger bei Kurzstrecken?

Dies liegt daran, dass Dieselmotoren aufgrund ihrer Konstruktion und Arbeitsweise eine höhere Betriebstemperatur benötigen als Benzinmotoren. Bei Kurzstreckenfahrten haben Diesel jedoch nicht genug Zeit, um diese Betriebstemperatur zu erreichen. Dadurch wird das Öl nicht vollständig erhitzt was dazu führt, dass es sich mit Kraftstoff und anderen Partikeln vermischt und den Ansaugtrakt verschmutzt.

Auch die Abgasreinigungssysteme können in ihrer Funktion eingeschränkt werden, was langfristig zu Verschleiß führen kann. Benzinmotoren hingegen sind schneller auf Betriebstemperatur und haben daher eine niedrigere Mindestgrenze für die Kurzstrecke.

INFO BOX:

Ab wann ist ein Motor tatsächlich “warm”?
Ein Motor gilt nicht sofort als „warm“, wenn die Wassertemperatur ca. 90°C erreicht hat.

Die Wassertemperatur ist die Anzeige, die du auf deinem Tacho oder am Bordcomputer siehst. Die Öltemperatur ist meist in einem Untermenü versteckt und ist der eigentliche Indikator für ein warm gefahrenes Auto. Die Öltemperatur ist meist nach weiteren 10-15 Minuten erst auf Betriebstemperatur (80°C – 100°C). Erst ab diesem Zeitpunkt ist das Auto komplett warmgefahren.

5.) Ist der Benziner besser für Kurzstrecken?

Im Vergleich zu Dieselmotoren sind Benziner für Kurzstrecken besser geeignet. Sie benötigen keine so hohe Betriebstemperatur wie der Diesel, um effektiv zu arbeiten. Daher sind Benziner in der Regel weniger anfällig für Schäden, die durch das Fahren von Kurzstrecken verursacht werden können. Die Reinigung des Abgassystems erfolgt ebenfalls besser wie beim Diesel, was den Schadstoffausstoß reduziert.

Kurzstrecken eignen sich besser für Benziner
Ein Benzinfahrzeug ist bei Kurzstrecken die bessere Wahl

6.) Welche Bauteile werden durch Kurzstrecken beschädigt?

Kurzstreckenfahrten können zu einer Vielzahl von Schäden an verschiedenen Bauteilen der Motortechnik führen. Dazu gehören zum Beispiel Ablagerungen im Motoröl, die den Motor verschmutzen und zu einer verringerten Lebensdauer führen können. Auch die Abgasreinigungssysteme können Schaden nehmen und ihre Funktion einschränken. Dazu gehört das schon erwähnte AGR-Ventil sowie der Katalysator bzw. der Partikelfilter.

Eine Verkokung dieser Bauteile oder der Ansaugbrücke kann dazu führen, dass der Schadstoffausstoß erhöht wird und das Fahrzeug zusätzlich an Leistung verliert. Des Weiteren werden verschiedenste mechanische Motorbauteile belastet, da sie im kalten und unbeweglichen Zustand die erforderliche Arbeit liefern müssten.

7.) Was kannst du gegen unvermeidliche Kurstreckenfahrten tun?

Wie du schon wahrscheinlich vermutet hast, lautet die Antwort hier: Langstreckenfahrten!

Es gibt jedoch weitere kleine Maßnahmen, die dir dabei helfen, weniger Schaden von Kurzstrecken abzukriegen. Weit verbreitet ist die Methode, das Auto vor Fahrtbeginn auf Betriebstemperatur zu bringen. Hierzu solltest du das Auto im Leerlauf einige Minuten laufen lassen, bis der Verbrennungsmotor warm ist. Diese Methode ist jedoch stark umstritten. Einerseits ist es eine nette Vorwärmung des Motors und sorgt im Winter sogar für ein etwas wärmeres Innenleben, das alles jedoch auf Kosten von Sprit, Umwelt und Ruß. Im Leerlauf ist nämlich das AGR-Ventil am weitesten geöffnet und lässt somit Abgas in den Ansaugtrakt hinein. Ob dieser Kompromiss für dich in Frage kommt, solltest du selber entscheiden.

Ein weiterer Tipp ist es, deine Service Intervalle zu verkürzen. Wenn du oft Kurzstrecke fährst, solltest du darauf achten, regelmäßig das Öl und die Filter zu wechseln. Dies hilft dabei, Schmutzpartikel und Ruß, die durch Kurzstrecken vermehrt im Motor präsent sind, fernzuhalten und den Verschleiß zu minimieren. Wenn du diese Tipps beachtest und das Auto regelmäßig warten lässt, kannst du die Lebensdauer deines Fahrzeugs erheblich verlängern. Ideal wäre es natürlich wenn du dein Auto zwischen den Kurzstreckenfahrten öfters mal auf eine Langstrecke ausfährst.

INFO BOX:

Du solltest dich außerdem nicht zu sehr erschrecken lassen. Wenn du in der Woche drei-bis viermal Kurzstrecken fährst und danach zweimal Langstrecke, hat das minimal bis gar keinen Einfluss auf dein Fahrzeug. Die Rede ist hier hauptsächlich von kontinuierlichen Kurzstreckenfahrten, die deinem Fahrzeug schaden.

Ein gutes Verhältnis zwischen Langstreckenfahrten und Kurzstreckenfahrten wird deinen Motor auch gesund halten. Zusammenfassend solltest du also schauen, dass du so wenig wie möglich Kurzstrecke fährst. Das heißt jedoch nicht, dass du sie ganz weglassen musst.

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